Montag, 24. Juni 2013
Graugrün.
"... und der Wind wehte durch ihr Haar und warf es in ihr Gesicht. Ich weiß nicht mehr, ob die Sonne schien, oder ob es mir nur so vorkam,
als ob ihr braunes Haar von einem kupfernen Schimmer erfüllt war. Ihr graugrünes Auge strahlte durch eine Strähne auf ihrer Wange hindurch, es sah mich an. Mich. Ihre Gedanken gehörten mir - ich fühlte mich so reich, dass ich selbst nicht mehr denken konnte. Ich atmete sie ein. Die Luft trug ihren Duft, und den ihres Parfums, das sie jeden Morgen aufzutragen pflegte... jeden Morgen erwachte ich mit diesem Duft in der Nase, auch wenn ich nicht bei ihr war. Auch wenn ich nicht bei ihr war, wusste ich, wie es sich an meinen Fingerspitzen anfühlen würde, ihr durchs Haar und übers Gesicht zu streicheln. Auch wenn ich nicht ihr gehörte - meine Gedanken gehörten ihr..."
Mittwoch, 5. Juni 2013
Auf der Straße bei Vollmond.
Welch schöne Nacht erstreckt sich mir vor Aug‘ und Geist! Zu wandeln im Sternenglanze, fast duftet’s nach Freiheit. Währte sie denn über mir? Hernieder drückt sie mich – keinen Fuß, bin ich imstande, nach vorn zu setzen, auf dem Bergpass des Erkennens! Ich fühle zu fallen, weiter talwärts. - Elend!
Der Mensch – liefe er nicht, so kroch er schon seit Äonen.
Ist’s Leben doch eine Rückgratwand’rung! Aufrecht seine Haltung? Schon lang
währt sie nicht mehr so. Er dächt, er sei ohn‘ Augenlicht, und tastet immerfort
im Drecke, bloß nicht zu stürzen in Schluchten der Ungewissheit – des Moments!
Weiß er nicht um seine Lider? Mut braucht er, sie zu heben und nicht zu
fürchten das Licht des Wahren. So könnt‘ er doch schauen, und schreiten über
Wiesen, erklimmen Gipfel, reinen Wind atmen, sich entled’gen des schmerzend‘ Gewohnheitsstaubes
in seiner Lunge. Abenteuer!
Und doch – welch Abenteuer ist der Tod! Ist er dir eigen, so
kann er zu einem werden. Alles unbehäglich‘ Wollen– zunicht‘! Welt- und
Menschenwerte tausendfach gebrochen und zerflossen im Freudenfeuer des Sterbens!
Da erstreckte sich der Seelenäther in Höhen und umfasste Sternenvölker! Doch
endet der Atem des Nächsten, so wird’s zur Probe. Gäbe man alles in die Krallen
der Verzweiflung, schon ehe es erahnt, gespalten läge man ohnmächtig – fast
selbst im Grabe. Doch lächelst du mit reinem Geiste auf Todesäckern, so kann
ein lebendig Mensch weiterlaufen. Mich dünkt’s, selbst das Spüren des
Gestorbnen unter barem Fuße – es belebt, nur muss man’s annehmen! Keine
Traurigkeit liegt darin, alles ist aus selben Stoffe! Edle Männer, holde Frauen
werden zu Erde, aus welcher erst der starke Baum erwächst! Auch im süßen Apfel
liegen vergang’ne Wesen, neues Leben nährend. Aus Asche hebt sich Feuer, sowie
aus Ruhe die Regung. Dies sei der Sinn, des Sterbens! Wenn mein Nächster stürbe,
warum dann mitentflieh‘n?
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