Donnerstag, 14. Juni 2012

Der Immerwache.

Treu dem Tag ergeben,
scheute er die Nacht,
und wollt' er Schlaf erleben,
zog er in die Schlacht.
Munt'ren Blicks so lebt' er,
"immerwach" so nannt' man ihn,
ruhelos - so war er doch,
konnt' niemals seiner Treu' entflieh'n.

Ergab er sich dem Herren neu,
neue Schelte war der Preis,
schwörte er erneut die Treu',
geschlagen ward er von dem Greis.
So fragt' er voller Schmerzen:
"Oh Tag, du Vaterland und Liebe,
warum schadst du meinem Herzen?"
Doch der Herr tat weiter Hiebe.

Eines Tages sprach der Tag,
zum Diener noch im Lachen:
"Verdienen tust du Schlag um Schlag,
und hörst nicht auf zu wachen.
Du glaubst, du könntst mich preisen,
und Nacht dir so ersparen?
Wir beide sind zwei Waisen,
ergänzen uns seit Jahren.

Willst du zum Weisen werden,
so nimm uns beide gleich,
Nimm alles an auf Erden,
dann wirst du ewig reich!"
Er fing nun an zu achten,
schlief tief und fest zum Morgen,
dann ward er zum Erwachten,
und lebte ohne Sorgen.


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