Sonntag, 12. Juli 2015

Par les yeux d'un autre.

"Je l'aime comme tu regardes dans mes yeux y le soleil penètre mon coeur."

Er formte Wörter durch Gedankenkraft, wild verwaschen, kaum mehr als Schemen einer Idee, die auf Wellen von Dopamin durch sein Hirn geschwemmt wurden. Jäh fasste er die farbenprächtigsten Wortfetzen, die sein imaginärer Kescher im See seiner Phantasie erreichen konnte. In mehr oder minder intuitiv geordneter Folge reihte er sie in Gedanken auf. "Toda esperanza murió en mi corazón. Se convertió en verdad."
Was sie auch denken, die Denker - was sie schreiben, die Schreiber - gar dichten, die Dichter - wie weit reicht ihr Blick? Wie tief gefühlt der Gedanke den Fingern entspringt, gar den Mund verlässt - wie stark muss er sich errichtet haben? So groß und schwer wie ein Palast  steht er da, gilt als Gesetz in der eigenen Welt. Wer nie seinen Gedanken verfasste, mit seiner Hand schrift besiegelte - die Tinte in Form auf die weiße Leere brachte... nie wird er verstehen, welche Kraft, welche Ewigkeit dem innewohnt. Eine ewige Beständigkeit der Energie ist es, die da war, in dem Moment, als sie sich manifestierte und ewig wird derjenige diese Energie spüren, der sein Manuskript darüber ablegte.
Also sagte er nicht, es wäre Vergangenheit. Denn sie war noch da, die Macht der Worte, die er niedergeschrieben hatte, so frisch und blumig atmete er sie nun an diesem Abend. Er sah sich par les yeux d'un autre - durch die Augen eines Anderen - um zu fassen, was er fühlte, was er dachte, was er lebte, welche Zeit er damit verbrachte, fünf Stunden lang zu schwelgen und den Duft der Worte einzusaugen, sich in ihnen aufzulösen, ganz wie in seinem See, der da so aufwogend Wellen schlug vor seinem geistigen Auge. Wie wütend war er denn, diese Worte nicht auf seiner Haut zu tragen, sie würden jeden Tag diesen Duft versprühen, immer wenn er sie ansähe - sie brächten ihm das Licht näher, was ihm jegliche Sekunde im Herzen läge, wie eine Reliquie behütet mit all seiner Kraft.
Ganz mit geneigtem Haupt vor seiner eigenen Empfindung richtete er sich auf und blickte durch das Fenster und durch die Bäume bis auf die Lichter in der Weite.
Für das, was er empfand, war jedes Wort zu wenig. Und im Gegensatz zu dem, was er empfand, jedes Liebesgedicht ein Scheißdreck. - Pardon... une vraie merde.