Montag, 17. Dezember 2012

Spaziergang durch die Allee.

Zweitausend Schritte durch den weißen Schnee, der unter meinen Stiefeln knirschte. Ich hatte sie gezählt.
Die Lichter der Straßenlaternen schienen eher liebevoll als notgedrungen durch die Zweige der laubverlassenen Bäume und fielen mir so demütig vor die Füße, dass ich sie nicht treten wollte. Wer bin ich denn, dass ich Lichter trete, die mir den Weg zeigen? Also schritt ich ganz sanft, ganz bedächtig, so dass auch die Schneekristalle leiser flüsterten. Und so ging ich weiter, weiter um die Ecken der Häuser, in andere Straßen, in der der Wind wieder mit anderer Stimme heulte. Sein Heulen glich dem einer Loreley, zu der man sich, angezogen durch liebliche Klänge, hinbegibt und völlig fasziniert die Welt um sich herum vergisst. Nur vergaß ich meine Welt nicht. Gekleidet in Weiß und Eis schenkte sie mir Frieden, der meine Seele auch in dunkler Nacht, zu später Zeit, wiegte wie ein Waisenkind. Und so drang auch nicht die Kälte des Winters zu mir hindurch. Obwohl ich sie spürte, auf meiner Haut, weit unter der dicken Jacke, war sie nicht kalt. Nein, sie fühlte sich so angenehm an, wie ein kühles Bett im Sommer, welches den verschwitzten Körper erfrischt. Die Kälte und der Wind und die Lichter - sie bargen mich in meinem Spaziergang durch die Allee, die sich über meinem Kopf verzweigte, wie ein schützendes Dach. Wahrgenommen von einem unruhigen Geist, mit düsterer Miene, hätten sie wahrscheinlich das Spazieren ungemütlich gemacht, doch nachdem ich zweitausend Schritte durch den weißen Schnee gelaufen war, der unter meinen Stiefeln geknirscht hatte, wusste ich - der Winter ist nur so kalt, wie das eigene Herz.